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Schlafcoaching neu gedacht: Warum Bindung die Basis für guten Schlaf ist

  • Chantal Wolfisberg
  • 6. Feb.
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 3. Apr.

Es ist paradox: Tagsüber tun wir alles für unsere Kinder – doch ausgerechnet nachts sollen sie plötzlich allein zurechtkommen? Diese weit verbreitete Erwartung setzt Eltern enorm unter Druck, insbesondere in einer Zeit, in der die Zahl der sogenannten «Babyschlafcoaches», die schnelle Lösungen versprechen, förmlich explodiert. Der Markt ist unübersichtlich und Eltern sowie Fachpersonen verlieren leicht den Überblick.


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Auch ich wurde mit dieser Problematik konfrontiert: Vor etwa zwei Jahren erzählte mir Lisa Schulze, Leiterin des Entdeckungsraums in Biel, dass sie einer Mutter aus ihrem Kurs eine Schlafberatung bei mir empfehlen wollte. Doch als sie online nach «Schlafcoaching Biel» suchte, fand sie mich nicht. Diese Erfahrung inspirierte mich dazu, diesen Beitrag zu schreiben. Ich möchte Eltern und Fachpersonen eine Orientierungshilfe bieten und aufzeigen, worauf sie achten können, um eine Begleitung zu finden, die zu ihren Werten passt. Gleichzeitig möchte ich erläutern, wie sich die bindungsorientierte Schlafberatung 1001kindernacht®, die ich anbiete, von klassischen Schlaftrainings unterscheidet, was sie ausmacht und warum ich den Begriff «Schlafcoaching» in meinem Angebot bewusst vermeide.


Ein Dschungel an Angeboten

Die Welt der Babyschlaf-Dienstleistungen ist vielfältig – und oft verwirrend. Begriffe wie «Schlafcoaching», «Schlaftraining», «Schlafberatung» oder sogar «Schlafakademie» kursieren in den Angeboten, doch welche Ansätze verbergen sich dahinter?

Viele Anbieter werben mit einer bindungsorientierten Herangehensweise, doch sind nicht alle Methoden gleichermassen feinfühlig und bedürfnisorientiert. Manche Schlafcoaching-Angebote setzen weiterhin auf zielorientierte Methoden, bei denen das schnelle und unabhängige Durchschlafen im Vordergrund steht – meistens auf Kosten der kindlichen Bedürfnisse. Gleichzeitig sind solche Angebote oft teuer und wirken durch standardisierte Pakete wenig individuell.


Worauf sollten Eltern achten?

Eltern, die eine Schlafberatung in Anspruch nehmen möchten, sollen prüfen, ob:

  • die angebotene Unterstützung auf wissenschaftlich fundierten Prinzipien basiert,

  • keine unrealistischen Versprechen gemacht werden,

  • die Bedürfnisse des Kindes und der Familie im Mittelpunkt stehen.


Um Eltern und Fachpersonen die Orientierung zu erleichtern, arbeitet 1001kindernacht® an einer Übersichtsliste mit empfehlenswerten Angeboten. Sobald diese verfügbar ist, werde ich sie hier verlinken.


Wichtig: Klare Abgrenzung von der Ferber-Methode

Eine der bekanntesten – und zugleich umstrittensten – Methoden im Bereich des Kinderschlafs ist die Ferber-Methode, die durch den Ratgeber «Jedes Kind kann schlafen lernen» im deutschsprachigen Raum Verbreitung fand. Das Grundprinzip beim Ferbern besteht darin, dass Eltern ihr Kind wach ins Bett legen, den Raum verlassen und das Weinen oder Schreien des Kindes über festgelegte Zeiträume hinweg ignorieren, bis es sich an die neuen Bedingungen «gewöhnt». Dabei wird jedoch das kindliche Bedürfnis nach Nähe und Sicherheit vollständig ausgeblendet.


Im Laufe der Zeit wurden zahlreiche modifizierte Varianten der Methode entwickelt, die unter immer neuen Bezeichnungen angeboten werden. Der Kern dieser Ansätze bleibt jedoch derselbe: Kinder werden in emotional belastenden Situationen allein gelassen, um das Bindungssystem zu unterdrücken. Sie lernen, ihre Bedürfnisse nicht mehr zu äussern – ein Prozess, der fälschlicherweise als Lernerfolg interpretiert wird. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um eine Anpassung an Vernachlässigung, die immense Stressreaktionen beim Kind auslöst.


Langfristige Risiken und Auswirkungen

Die Anwendung solcher Methoden kann kurzfristig Erfolge zeigen, birgt jedoch erhebliche Risiken für die langfristige Entwicklung des Kindes wie:

  • Trennungsängste und anhaltende Schlafprobleme,

  • Beeinträchtigung der emotionalen Bindung zwischen Eltern und Kind,

  • negative Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl und die Gehirnentwicklung sowie

  • die Entwicklung von grundlegendem Misstrauen gegenüber der Umwelt.


Ein Kind muss nicht lernen zu schlafen – diese Fähigkeit bringt es bereits aus dem Mutterleib mit. Stattdessen verinnerlicht es durch ein Schlaftraining die Botschaft, dass seine Bedürfnisse keine Bedeutung haben und es auf seine Bezugspersonen nicht zählen kann.

Viele Eltern spüren instinktiv, dass Schlaftrainings ihrem Kind schaden, und können diese glücklicherweise oft nicht umsetzen. Häufig fehlt ihnen jedoch der Zugang zu alternativen Informationen. Die Broschüre «Kinder brauchen uns auch nachts – Warum Schlaftrainings nicht empfehlenswert sind» veröffentlicht von 1001kindernacht® (2010, Neuauflage 2018), verdeutlicht, warum bindungsorientierte Ansätze vorzuziehen sind und wie Schlafprobleme liebevoll begleitet werden können.


Ein kritischer Blick in die Praxis

Besonders besorgniserregend ist, dass selbst medizinische Fachpersonen solche Schlaftrainings empfehlen. Nebst Mütter- und Väterberater*innen und Kinderärzten, deren Patienten später bei mir Unterstützung suchten, befürwortete beispielsweise auch Prof. Dr. Stéphanie Bioulac von der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Grenoble auf der Ärzteplattform «Medscape» die sogenannte «Bedtime-Fading-Methode».


Wie Sibylle Lüpold, Gründerin von 1001kindernacht®, in ihrem Newsletter vom Oktober 2024 erklärte, handelt es sich dabei um eine modifizierte Form der Ferber-Methode.


Die kindgerechte Alternative: Bindungsorientierte Schlafberatung 1001kindernacht®

Der Ansatz von 1001kindernacht® ist ganzheitlich und bindungsorientiert. Es geht nicht um schnelle Erfolge, sondern darum, ein solides Fundament für die langfristige Schlafentwicklung und eine starke Eltern-Kind-Bindung zu legen.


Unsere Schlafberatungen zeichnen sich durch folgende Grundsätze aus:

  • Bindungsorientierung: Alle Empfehlungen fördern den Aufbau einer sicheren Eltern-Kind-Bindung und stärken das gegenseitige Vertrauen. Kein Kind wird allein oder «aus erzieherischen Gründen» schreien gelassen. Eltern werden ermutigt, feinfühlig und zuverlässig auf die Signale ihres Kindes reagieren.

  • Kindgerechte Anpassung: Veränderungen erfolgen im Einklang mit der körperlichen, emotionalen und kognitiven Reife des Kindes. Die Schlafentwicklung dauert etwa drei Jahre, und erst dann sind die meisten Kinder in der Lage, selbstständig ein- und durchzuschlafen.

  • Ganzheitliche und langfristige Lösungen: Wir betrachten die gesamte Familiensituation und suchen nach Lösungen, die langfristig sinnvoll sind und keine negativen Folgen nach sich ziehen.

  • Feinfühlige und empathische Herangehensweise: Im Mittelpunkt stehen die Bedürfnisse, Gefühle und Wünsche aller Familienmitglieder. Es geht nicht nur darum, dem Kind zu helfen, sondern auch die Eltern zu unterstützen.

  • Individuelle Beratung: Jede Familie ist einzigartig und wir erarbeiten daher Lösungen, die den persönlichen Bedürfnissen der Familie gerecht werden. Es gibt keine universellen Empfehlungen – gemeinsam finden wir den passenden Weg.

  • Wertschätzung: Wir respektieren den individuellen Weg jeder Familie und stärken die Eltern durch wertschätzende Beratung.

  • Fundiertes Fachwissen: Alle Berater*innen 1001kindernacht® haben eine medizinische, psychologische oder pädagogische Grundausbildung. Unsere Empfehlungen basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, und wir bilden uns regelmässig weiter, um stets eine kompetente und zeitgemässe Beratung bieten zu können.


Als zertifizierte Schlafberaterin 1001kindernacht® sehe ich mich nicht als Coach oder Trainerin, sondern als einfühlsame Begleiterin, die Eltern hilft, die natürlich Schlafentwicklung zu verstehen, realistische Erwartungen zu entwickeln und für ihre Familien praktikable und langfristig tragbare Lösungen zu finden.


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«Und, schläft euer Baby schon durch?» – Die Realität des Kinderschlafs verstehen

Die weit verbreitete Vorstellung, dass Baby möglichst früh durchschlafen sollten, setzt viele Eltern unter Druck, basiert jedoch auf einem Missverständnis. Frühes Durchschlafen ist nicht im Interesse der kindlichen Entwicklung und dient einzig den Eltern. Zudem ist das «Durchschlafen» in Wahrheit ein Mythos: Auch Erwachsene haben nachts mehrere Schlafzyklen, die etwa alle 90 Minuten von kurzen Wachphasen unterbrochen werden, in denen sie sich unbewusst vergewissern, dass alles in Ordnung ist, bevor sie weiterschlafen. Bei Säuglingen sind die Schlafzyklen noch kürzer – nur 50 bis 60 Minuten – was häufiges Aufwachen zur Norm macht.


In der Steinzeit war regelmässiges Erwachen ein überlebenswichtiger Schutzmechanismus, um sicherzustellen, dass die Bindungsperson in der Nähe war und Schutz vor Gefahren wie Raubtieren und Kälte bot. Babyschlaf ist daher nicht mit einem durchgehenden und tiefen «Murmeltierschlaf» vergleichbar, er ist locker strukturiert, um nächtliche Kommunikation und Nahrungsaufnahme, etwa durch Stillen, zu ermöglichen. Dieses genetische Erbe tragen auch die heutigen Kinder noch in sich, weshalb nächtliches Aufwachen eine natürliche und erwartbare Reaktion ist. Das Bedürfnis nach Nähe und Co-Regulation ist also keine «Störung», sondern ein angeborener Schutzmechanismus und natürlicher Teil der kindlichen Entwicklung.


Die zentrale Frage sollte also nicht lauten, wie Kinder zum «Durchschlafen» gebracht werden, sondern wie Eltern die Übergänge zwischen den Schlafphasen unterstützend begleiten können – und das unter Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Beteiligen. Wenn Eltern das kindliche Nähebedürfnis durch ihre beruhigende Präsenz stillen, profitieren alle: Die Kinder fühlen sich geborgen, was ihre emotionale und psychische Entwicklung fördert und die Entwicklung der Selbstregulation sowie den Aufbau eines gesunden Urvertrauens und Selbstwertgefühls unterstützt. Die Eltern müssen nachts nicht aufstehen, um das Kind zu beruhigen, und schlafen insgesamt erholsamer. Der Körperkontakt reduziert Stress, stärkt die Bindung und schafft eine sichere Schlafumgebung – die Basis für langfristig gesunden Schlaf im Einklang mit der genetischen Prägung und den natürlichen Bedürfnissen des Kindes.


Schlafplätze, die der gesamten Familie guttun und die Entwicklung fördern

Co-Sleeping, also das Schlafen von Familienmitgliedern in unmittelbarer Nähe (nicht zwingend im gleichen Bett wie beim Bed-Sharing) – ist weltweit die natürlichste menschliche Schlafform. Dennoch hat jede Familie individuelle Bedürfnisse, die bei der Gestaltung der Schlafsituation berücksichtigt werden sollten. Generell sollten Schlafplätze so gestaltet sein, dass sie ausreichend Platz und Bewegungsfreiheit bieten – idealerweise 70 bis 90 cm Breite pro Person, unabhängig davon, ob es sich um ein Baby oder einen Erwachsenen handelt. Es lohnt sich, die Schlafsituation langfristig so zu gestalten, dass gemeinsames Schlafen nicht nur eine Übergangslösung darstellt, sondern bewusst als wertvolle Entscheidung wahrgenommen wird.

Das Einschlafen in einer Umgebung, die mit positiven Gefühlen wie Sicherheit, Vertrauen und Geborgenheit verknüpft ist, hat weitreichende Bedeutung – nicht nur für das Wohlbefinden während des Einschlafens, sondern auch für die emotionale Entwicklung des Kindes. Während des Schlafs werden Informationen vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis überführt. Studien belegen, dass Menschen, die unmittelbar nach dem Lernen schlafen, das Gelernte besser behalten. Dies gilt auch für Babys, besonders bei emotional geprägten Erfahrungen.

Die Schlafforschung unterstreicht, wie wichtig eine liebevollen Begleitung des Kindes beim Einschlafen ist. Wenn Bindungspersonen in den ersten Lebensjahren abends zuverlässig präsent sind, werden Gefühle wie Geborgenheit und Geliebt-Werden im Schlaf nachhaltig verankert. Kinder hingegen, die vor dem Einschlafen regelmässig Angst, Ohnmacht und Einsamkeit erleben, speichern solch negativen Empfindungen dauerhaft ab.

Ein bewusster Umgang mit der Schlafsituation stärkt nicht nur die Eltern-Kind-Beziehung, sondern schafft auch eine wichtige Grundlage für langfristig gesunden Schlaf und eine stabile emotionale Entwicklung.


Fazit

Die bindungsorientierte Schlafberatung 1001kindernacht® bietet Eltern eine sanfte und respektvolle Begleitung, die sich klar von der Ferber-Methode und anderen Schlaftrainings unterscheidet. Im Fokus steht nicht das Erzwingen schneller Erfolge, sondern das Schaffen einer liebe- und vertrauensvollen Schlafumgebung. Dieser Ansatz fördert das Wohlbefinden, die emotionale Sicherheit und die Bindung zwischen Kind und Eltern nachhaltig und stärkt die Beziehungen innerhalb der Familie.


Denn wenn wir tagsüber alles für unsere Kinder tun, warum lassen wir sie dann nachts allein? Einschlafen ist eine Trennungserfahrung für Kinder, die mit Vertrauen und Geborgenheit begleitet werden sollte. Bindung findet nicht nur tagsüber statt, sondern auch nachts. Wenn ein Kind beruhigt und sicher einschläft, kann es den Übergang von Wachsein zu Schlafen in einem geschützten Rahmen erleben, der Vertrauen und Entspannung fördert – die entscheidenden Voraussetzungen für erholsamen Schlaf.


Unsere Herangehensweise gibt Eltern die Zuversicht, auf die natürlichen Bedürfnisse ihres Kindes einzugehen und diese einfühlsam zu begleiten. So profitiert nicht nur das Kind, sondern die gesamte Familie von einer verbesserten Schlafqualität und Lebenszufriedenheit. Das Wissen um die normale Schlafentwicklung und ihre Herausforderungen hilft Eltern, diese Phase geduldig und selbstbewusst zu meistern.


Wenn du mehr über die Philosophie und die Angebote von 1001kindernacht® erfahren möchtest, findest du viele Informationen und Literaturhinweise auf unserer Webseite unter 1001kindernacht Wissenswertes. Ausserdem kannst du dich für unseren Newsletter anmelden, um regelmässig Updates und wertvolle Inputs rund um das Thema Kinderschlaf zu erhalten.


Wenn du eine persönliche Beratung wünschst, kontaktiere mich gerne hier oder finde eine Berater*in in deiner Nähe. Wir freuen uns über deine Kontaktaufnahme.


PS: Lisa, die Chancen stehen gut, dass man mich bei Google dank dieses Artikels bald unter «Schlafcoaching Biel» finden kann. Mission erfüllt!


© Chantal Wolfisberg, alle Rechte vorbehalten.



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